Nicht alle glücklichen Paare wollen sich das Ja-Wort geben. Die Gründe für ein Leben ohne Trauschein auch mit Kindern sind vielfältig. Die Auswirkungen auf das gemeinsame Leben sollten aber gut überlegt sein. Denn: Welche Rechte und Ansprüche gelten, wenn der Partnerin oder dem Partner etwas zustösst oder bei einer Trennung? Ein Konkubinatsvertrag kann dann für Klarheit sorgen.
Im Kanton Thurgau lebt inzwischen jedes sechste Paar in einer nicht-ehelichen Lebensgemeinschaft – in einem sogenannten Konkubinat. Diese Zahl nimmt alljährlich zu. Als ein möglicher Grund wird oft die Zunahme an Scheidungen und die dadurch entstehenden neuen Formen des Zusammenlebens, wie Patchworkfamilien, genannt.
Auch wenn das Konkubinat beliebter wird, gilt weiterhin: Konkubinatspaare werden gesetzlich nicht gleichbehandelt wie Ehepaare oder gleichgeschlechtliche Paare in eingetragener Partnerschaft. Die eheähnliche Gemeinschaft Konkubinat ist im Gesetzbuch weder erwähnt noch geregelt.
Im juristischen Alltag wird das Leben ohne kirchlichen oder behördlichen Segen als «einfache Gesellschaft» angesehen. Das Gesetz spricht von einer «Personengesellschaft, die einen gemeinsamen Zweck verfolgt» und regelt nicht Familien-, sondern Firmengründungen.
Vorteile Konkubinat
Das Konkubinat, also das Zusammenleben ohne Trauschein, bietet neben Unverbindlichkeit und Flexibilität im Falle einer Trennung sowie weniger bürokratischen Verpflichtungen, auch finanzielle Vorteile.
Wer im Konkubinat lebt, profitiert im Vergleich mit Eheleuten von finanziellen Vorteilen:
- Steuertechnisch sind sie bessergestellt, denn Ehepaare können unter Umständen finanzielle Benachteiligungen bei den Steuern erfahren (Heiratsstrafe). Da im Konkubinat beide Personen ihr Einkommen separat versteuern, profitieren sie von einem tieferen Steuersatz als wenn beide Einkommen zusammengerechnet würden (Progression).
- Gesamthaft können Konkubinatspartner höhere Altersrenten aus der AHV erhalten, da beide Partner Einzelrenten beziehen.
- Im Konkubinat behalten beide Partner ihre Vermögenswerte getrennt und haben dadurch individuelle finanzielle Freiheit.
Nachteile des Konkubinats
Auch wenn die Vorteile durch das Konkubinat in der Schweiz locken, dürfen die Nachteile nicht vergessen werden.
Die Liste der Benachteiligungen ist länger und sollte deshalb beim Eingehen eines Konkubinats mitgedacht werden:
- Steht die elterliche Sorge einem Elternteil zu, so erhält das Kind dessen Ledignamen. Steht die elterliche Sorge den Eltern gemeinsam zu, so bestimmen sie, welchen ihrer Ledignamen ihre Kinder tragen sollen.
- Für das gemeinsame Sorgerecht muss das Kindsverhältnis zum Vater anerkannt oder gerichtlich festgelegt sein. Dafür braucht es eine gemeinsame Erklärung.
- Beim Todesfall besteht kein Erb- und Pflichtteilanspruch am Vermögen der verstorbenen Person.
- Der überlebende Partner oder die überlebende Partnerin erhält aus der ersten Säule (Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung) keine Witwen- respektive Witwer-Rente.
- Leistungen aus der zweiten Säule (Pensionskasse) können unter bestimmten Voraussetzungen für «Lebenspartner», also Konkubinatspartner, vorgesehen sein. Diese müssen aber explizit angemeldet werden.
- Bei einer Trennung ist oftmals ohne Konkubinatsvertrag nicht klar geregelt, wer welche Ansprüche hat.
Vorsicht vor Vorsorgelücken wegen fehlenden Beiträgen
In der Regel sind die Leistungen der Sozialversicherung mit dem Zivilstand der versicherten Person verknüpft. Aus diesem Grund sollten Konkubinatspaare Fragen zu ihren Sozialversicherungen gut besprechen. Sind beide Konkubinatspartner berufstätig, haben sie weder bei der AHV noch bei der beruflichen Vorsorge (Pensionskasse) Nachteile.
Dies ändert aber, wenn sich eine Person – egal ob Frau oder Mann – um den Haushalt und das gemeinsame Kind kümmert. Gerne wird dann vereinbart, dass diese Person dafür vom anderen Partner oder der anderen Partnerin ein Entgelt erhält. Seit 1999 wird diese Leistung allerdings nicht mehr als Lohn angesehen. Die Folge: AHV-Beiträge und die Einzahlungen in die berufliche Vorsorge (Pensionskasse) entfallen. Es entsteht dadurch eine Lücke in der Altersvorsorge.
Mit einem Konkubinatsvertrag rechtliche Lücken vermeiden
Im Konkubinat ist vieles gesetzlich nicht geregelt. Paare ohne Trauschein handeln sich dadurch Nachteile ein. Also stellen sich manche die Frage: «Wäre es doch besser, eine Ehe einzugehen?» Nicht zwingend! Denn: Ein gemeinsamer Konkubinatsvertrag sorgt insbesondere bei den finanziellen Angelegenheiten für Klarheit. Die Ausgestaltung eines solchen Konkubinatsvertrags ist aber sehr individuell. Darin können beispielsweise folgende Punkte festgehalten sein:
- Mietverhältnis
- Finanzierung von gemeinsamem Wohneigentum
- Definition der Eigentumsverhältnisse von Inventar
- Beiträge für den gemeinsamen Lebensunterhalt
- Vorsorgebeitrag für die Person, die sich um Betreuung des Kindes sorgt
- Folgen einer Trennung
Mit der richtigen Vorsorgeplanung die Partnerin oder den Partner absichern
In einem Konkubinatsvertrag sind die Altersvorsorge und die Risikoabdeckung in der Schweiz zwei wichtige Themen, die es zu regeln gibt. Dafür ist es lohnenswert, die Versicherungs- und Vorsorgesituationen beider Konkubinatspartner genau anzuschauen und aufeinander abzustimmen. Insbesondere gilt es die Möglichkeiten und Voraussetzungen für eine gewollte Begünstigung der Partnerin oder des Partners zu klären.
Diese Begünstigungen können mit Einschränkungen, wenn andere pflichtteilsgeschützte Erben wie Kinder vorhanden sind, trotz des gesetzlich fehlenden Erbrechts vertraglich festgehalten werden. Das in Form eines Testaments oder eines Erbvertrages. Wichtig ist, dass ein Notar den Erbvertrag öffentlich beurkundet. Erst danach ist er rechtlich gültig. Ein Testament muss nicht zwingend beurkundet werden.
Vollumfängliche Absicherung? So klappt's
Der Konkubinatsvertrag allein reicht nicht für eine vollumfängliche Absicherung des Lebenspartners. Um medizinische Auskunft sicherzustellen, empfiehlt sich eine Patientenverfügung. Zudem ist es empfehlenswert, für den Fall einer Handlungsunfähigkeit einen Vorsorgeauftrag abzuschliessen, in welchem die Lebenspartnerin oder der Lebenspartner als beauftragte Person definiert ist.
Für das gemeinsame Zusammenleben braucht es also keinen Trauschein. Wichtig ist, dass das Paar seine finanziellen Angelegenheiten ausführlich und gemeinsam betrachtet. Ein Konkubinatsvertrag ist dabei unter anderem mehr als lohnenswert. Somit sichern sich die Parteien gegenseitig für fast alle Lebenssituationen ab und dem Leben im Konkubinat mit oder ohne Kind steht nichts im Wege.
Simone Ramirez Rojas, Senior Erbschaftsberaterin, stand dem Redaktionsteam bei diesem Artikel mit ihrer Fachexpertise unterstützend zur Seite. Simone ist 35 Jahre alt, in Arbon aufgewachsen, verheiratet und lebt in Muolen. Die Inhaberin des Thurgauer Notarenpatentes und Finanzplanerin mit eidg. Fachausweis ist schon seit über 11 Jahren bei der Thurgauer Kantonalbank und führt Beratungen im Ehegüter- und Erbrecht sowie bei Erbvorbezügen durch, erstellt Ehe- und Erbverträge sowie Vorsorgeaufträge und Erbteilungsverträge. Unterstützt die TKB-Kundenberaterinnen und TKB-Kundenberater bei Erbschaftsfragen und referiert bei Fachveranstaltungen und Schulungen. In ihrer Freizeit verwöhnt sie gerne ihre Tochter mit leckeren Bäckereien, verbringt Zeit mit ihrer Familie und Freunden, powert sich im Zumba aus und plant und entdeckt neue Feriendestinationen.