Teilzeit arbeiten ist im Trend. Sei es wegen der Kinderbetreuung, einer Weiterbildung oder einfach, um mehr selbstbestimmte Zeit zu geniessen. Was sich im Moment gut anfühlt und passt, kann negative Auswirkungen auf das spätere Leben haben – beispielsweise in Bezug auf die Altersvorsorge. Mit den folgenden 5 Tipps klappt es mit der Altersvorsorge trotz Teilzeit arbeiten.
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Die Schweiz belegt den zweiten Platz im Länderranking, wenn es um die Anzahl Teilzeitarbeitende geht. Bei uns arbeitet mittlerweile über ein Drittel der Bevölkerung im Teilzeitpensum. Die Mehrheit der Teilzeitarbeitenden sind noch immer Frauen mit 56.8 Prozent. Neuste Statistiken zeigen aber, dass auch Männer in den letzten Jahren immer häufiger ihr Pensum reduziert haben (16.0 Prozent). Teilzeit arbeiten liegt also im Trend.
Die Gründe für eine Teilzeitbeschäftigung sind sehr unterschiedlich: Ein Drittel der Frauen (34.2 Prozent) gibt die Kinderbetreuung als Grund an, gefolgt von sonstigen familiären Verpflichtungen (13.4 Prozent). Bei den Männern sind die genannten Gründe ihre Ausbildung und ihr Studium (18.7 Prozent) (Quelle: BFS 2023).
Reduziertes Arbeitspensum
Wer sich entscheidet, Teilzeit zu arbeiten, sollte seine aktuellen Ausgaben im Griff haben. Was ist aber Teilzeitarbeit? Von Teilzeitarbeit wird gesprochen, wenn Erwerbstätige in ihrer Haupttätigkeit weniger als 100 Prozent arbeiten. Durch die Teilzeitarbeit wird auch ein reduzierter Lohn erhalten. Daher ist vor dem Entscheid für Pensumsreduktion eine Budgetplanung ein Muss. Darin sollen neben den monatlichen Fixkosten – wie beispielsweise der Miete, den Versicherungsprämien, Steuern oder Handykosten – auch die freie Sparquote ermittelt und unbedingt der maximale Betrag in die 3. Säule eingeplant werden.
Teilzeit und Vorsorge
Wenn die aktuellen Kosten geregelt und budgetiert sind, sollte man sich auch Gedanken über die finanzielle Zukunft machen. Leider wird oft vergessen, dass sich ein reduziertes Arbeitspensum auf die Altersvorsorge auswirkt. Denn ein geringerer Lohn bedeutet natürlich auch weniger Einzahlungen in die AHV und tiefere Beiträge in die Pensionskasse. Mit der Folge: Die Altersleistungen aus der ersten (AHV) und zweiten (Pensionskasse) Säule fallen tiefer aus als vielleicht erwartet. Kurz: Teilzeit arbeiten beeinflusst die Altersvorsorge und sollte unbedingt kompensiert werden.
Weiter besteht bei Teilzeiterwerbenden die Gefahr, dass sie sich nicht um die private Vorsorge kümmern. Mit der Folge: Sie investieren finanziell nicht in die Zukunft, sondern decken und budgetieren lediglich die täglichen Ausgaben im Hier und Jetzt. So kann eine Vorsorgelücke entstehen. Die Folge kann schmerzlich sein: Pensionierte können den angemessenen Lebensstandard nicht mehr halten. Sie verlieren die finanzielle Flexibilität, die sie während der Erwerbstätigkeit gewohnt waren.
Auswirkungen Teilzeit auf Rente
Eine Reduktion des Arbeitspensums führt zu tieferen Altersleistungen in der 1. und 2. Säule und schmälert die Risikoabsicherung bei Krankheit und Unfall.
Teilzeit und AHV/IV
Die Alters- und Hinterlassenenversicherung soll den Existenzgrundbedarf decken, wenn jemand aufgrund Alter, Tod oder Invalidität selber nicht mehr dafür aufkommen kann. Da Teilzeiterwerbstätige in der Regel einen tieferen Lohn haben, zahlen sie kleinere Beiträge in die erste Säule (AHV) ein. Dies wirkt sich negativ auf die zu erwartende AHV-Rente aus. Denn die Berechnung der AHV-Rente bilden die geleisteten Beitragsjahre (für eine Lückenlose Beitragszeit sind 44 Jahre erforderlich) und das massgebende durchschnittliche Jahreseinkommen (in Höhe von mindestens 88'200 Franken), sowie Erziehungs- und Betreuungsgutschriften.
Teilzeit und Pensionskasse
Ziel der beruflichen Vorsorge ist es, die existenzsichernden Basisleistungen der ersten Säule zu ergänzen und den Versicherten die Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung in angemessener Weise zu ermöglichen. Wenn Sie also weniger arbeiten, wirkt sich das in der Regel auf Ihren Lohn und somit direkt auf Ihre künftigen Rentenansprüche aus der 2. Säule aus. Denn bei Teilzeitarbeit ist die Höhe des Jahreseinkommens für die 2. Säule entscheidend. Auch die Risikoleistungen sind davon betroffen. Denn die Grundlage für die Risikoleistungen ist der versicherter Lohn. Dieser entspricht dem Bruttolohn abzüglich des koordinierten Lohnes (Koordinationsabzug) gemäss gesetzlichen Bestimmungen.
Wichtig zu wissen
Wer jährlich 22'050 Franken (brutto) oder mehr verdient – dies ist die sogenannte Eintrittsschwelle, damit eine Person obligatorisch BVG-versichert ist, zahlt automatisch in die Pensionskasse ein und profitiert von entsprechenden Leistungen nach seiner Pensionierung. Wird dieses Minimaleinkommen nicht erreicht, so ist man in der Regel nicht pensionskassenversichert und wird im Alter lediglich die Leistungen aus der ersten Säule (AHV) erhalten. Diese Rente reicht nicht um die Lebenshaltungskosten in angemessener Weise zu decken.
Koordinationsabzug bei Teilzeit
Da alle Erwerbstätigen in der Schweiz ab dem 18. Altersjahr auch in die 1. Säule (AHV) einzahlen, bezweckt der Koordinationsabzug, dass die Pensionskasse nur Beiträge auf den Lohnteilen erhebt, die nicht schon durch die erste Säule versichert sind. Der Koordinationsabzug gleicht vereinfach erklärt die Doppelversicherung zwischen der 1. Säule (AHV) und der 2. Säule (Pensionskasse) aus. Die Höhe des Koordinationsabzuges wird vom Bundesrat festgelegt und beträgt aktuell ⅞ der maximalen AHV-Rente. Wenn Sie Teilzeit arbeiten, sind Sie stärker vom Koordinationsabzug betroffen, da unabhängig vom Arbeitspensum immer der gleiche Betrag vom Jahreslohn abgezogen wird. Einige Pensionskassen passen den Koordinationsabzug bei Teilzeitbeschäftigten entsprechend dem Beschäftigungsgrad an. Dadurch ergeben sich ein höherer versicherter Lohn und höhere Sparbeiträge für die Altersvorsorge. Bei einigen Pensionskassen gibt es bessere Sparpläne, denen man sich wahlweise anschliessen kann. Vorgängige Abklärungen mit der Pensionskasse sind sinnvoll.
So klappt es mit der Altersvorsorge, auch wenn Sie Teilzeit arbeiten
Die gute Nachricht zuerst: Auch wer in einem reduzierten Pensum, also Teilzeit arbeitet, kann seine Altersvorsorge sichern. Folgende Tipps zeigen, wie man das Leben nach der Pensionierung ohne Bedenken geniessen kann.
Tipp 1: Lücken in der AHV schliessen
Für die maximalen Leistungen aus der AHV braucht es neben den lückenlosen Einzahlungen auch ein durchschnittliches Jahreseinkommen von 88'200 Franken. Das Schweizer Vorsorgesystem rechnet für eine lückenlose Beitragsdauer für Frauen in der Übergangsphase mit 43 Beitragsjahren und für Männer mit 44 (Änderung ab Einführung Reform AHV 21 neues Rentenalter für Frauen 65 Jahre).
Auf dem individuellen Kontoauszug der AHV sind die Einkommen und allfällige Beitragslücken ausgewiesen. Wir empfehlen Ihnen, sich ein Bild von Ihrer Situation zu machen, indem Sie am besten regelmässig bei Ihrer Ausgleichskasse einen Auszug verlangen. Sollten Sie Beitragslücken feststellen, so können Sie diese bis zu fünf Jahre rückwirkend nachzahlen.
Wichtig
- Für verheiratete Paare entfällt die Beitragspflicht der nicht erwerbstätigen Person, sofern der erwerbstätige Partner jährliche AHV-Beiträge von mindestens 1'028 Franken – den doppelten Mindestbetrag – leistet.
- Wer Kinder betreut oder sich um pflegebedürftige Angehörige kümmert, kann sich bei der AHV Erziehungs- oder Betreuungsgutschriften anrechnen lassen.
Tipp 2: Einzahlungen in die 3. Säule tätigen
Das Ziel der ersten (AHV) und der zweiten (Pensionskasse) Säule des Schweizer Vorsorgesystems ist es, rund 60 Prozent des letzten Einkommens abzudecken. Die restlichen rund 40 Prozent müssen durch die private Vorsorge beigesteuert sein. Aus diesem Grund ist es empfehlenswert, den jährlich möglichen Maximalbetrag in die gebundene, private Vorsorge – die Säule 3a – einzuzahlen und mit der Bank Investitionen in Wertschriften zu planen. Mit der freien Vorsorge, der sogenannten Säule 3b (zum Beispiel Sparpläne und Wertschriften), entscheiden Betroffene selbst, wie sie darüber hinaus noch individuell vorsorgen wollen.
Tipp 3: Einkäufe in die Pensionskasse tätigen
Insbesondere wenn Sie Teilzeit arbeiten, kann der Pensionskassen-Auszug eine Lücke aufweisen. Versicherte können diese Lücke mit sogenannten «freiwilligen Einkäufen» schliessen und auch dabei Steuern sparen. Wer clever plant, verteilt die Einkäufe über mehrere Jahre. So lässt sich die Steuerbelastung über längere Zeit senken. Die Höhe der Einkäufe ist durch unterschiedliche Einschränkungen geregelt – am besten fragen Versicherte direkt bei ihrer Vorsorgeeinrichtung nach.
Tipp 4: Beschäftigungsgrad gut wählen
Bei einer Pensumsreduktion droht ein kleineres Altersguthaben in der Pensionskasse. In diesem Fall gilt bei der Pensionskasse abzuklären, ob der versicherter Lohn auf dem Niveau von 100% belassen werden kann, umso weiterhin die max. Beiträge in die Pensionskasse zu entrichten und den geplanten Lebensstandard im Alter zu erreichen.
Tipp 5: Risikoabsicherung klären
Die obligatorische Unfallversicherung (UVG) hat das Ziel, für alle Arbeitnehmenden die gesundheitlichen, wirtschaftlichen und immateriellen Folgen von Unfällen und Berufskrankheiten zu beheben oder mindestens zu mildern. Teilzeitbeschäftigte, die weniger als 8 Stunden wöchentlich bei einem Arbeitgeber arbeiten, sind nur gegen Berufsunfälle versichert. Für solche Personen gelten auch Unfälle auf dem Arbeitsweg – abweichend vom Normalfall – als Berufsunfall. Wir empfehlen Ihnen daher Ihre Risikoabsicherung zu überprüfen und bei Bedarf mithilfe von privaten Vorsorgelösungen zu optimieren.
Mit diesen fünf Tipps können sich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beruhigt Zeit für die Familie, für das Hobby oder für die Weiterbildung nehmen. Die Altersvorsorge und das Jahresbudget sind geplant. Es gibt kein unschönes Erwachen weder im Jetzt noch später im Alter.
Marc Rodel, Senior Finanzplaner mit eidgenössischem Fachausweis, stand für diesen Beitrag mit seinem Expertenwissen unterstützend zur Seite. Seit März 2020 berät er sowohl Privat- wie auch Geschäftskunden und erstellt ihnen persönliche Finanz- und Pensionsplanungen. Ausserdem hält er an diversen Anlässen Vorträge und sensibilisiert das Publikum für wichtige Themen in Sachen Pensionierung. Als Prüfungsexperte nimmt Marc Rodel mündliche und schriftliche Prüfungen von Banklernenden ab und leistet damit einen wesentlichen Beitrag zur Erhaltung von gut ausgebildeten Fachleuten in der Branche. In seiner Freizeit ist Marc Rodel vorwiegend in den Bergen unterwegs, denn Ski- und Hochtouren sowie das Klettern sind seine Leidenschaft. Wie in seiner Arbeit, legt Marc Rodel auch hier viel Wert auf eine sorgfältige Routenplanung, damit er sicher den Gipfel erreicht.