Kryptowährungen einfach erklärt: So funktionieren Bitcoin und Co.

Was ist eine Kryptowährung? Welche Risiken und Chancen birgt sie? Sascha Hüsler, Leiter Produktmanagement & Digitale Kanäle, klärt uns im Interview auf. Erfahren Sie alles, was Sie über Bitcoin und Co. wissen sollten.

Immer mehr Bankkundinnen und Bankkunden interessieren sich für Kryptowährungen, aber viele kennen sich nicht damit aus. Wo orten Sie die Gründe dafür?

Das grosse Interesse verdanken Kryptowährungen wie der Bitcoin sicherlich der sehr stark angestiegenen Medienpräsenz. Zeitweise konnte man hier fast schon eine gewisse Goldgräberstimmung beobachten, die von grossen Kursgewinnen befeuert worden ist. Doch auch die grossen Kursverluste seit Ende 2021 sorgten für Aufsehen.

Da die Mechanismen hinter den Kryptowährungen nicht ganz einfach zu verstehen sind, kommt eine gewisse Faszination für das Unbekannte hinzu. Zudem hat sich die Zahl der Anbieter der Kryptoanlagen in den letzten Jahren vervielfacht und es sind immer neue entstanden. Aktuell existieren weltweit mehr als 10'000 verschiedene Kryptowährungen, die alle unterschiedliche Eigenheiten aufweisen. Die Kryptowährung Bitcoin ist hier die bekannteste. 

Warum sind Kryptowährungen wie Bitcoin entstanden?

Im Kern von Kryptowährungen liegt der Grundgedanke, eine Währung zu schaffen, die unabhängig von dem von Zentralbanken geschaffenen Geld existiert. Sprich, es soll nicht eine Schweizerische Nationalbank sein, die auf den Wert, respektive Wechselkurs, einer Währung wie des Schweizer Frankens Einfluss nehmen kann. Neben diesem Argument der geldpolitischen Unabhängigkeit sollen Kryptowährungen auch den Geldtransfer von Person A zu Person B vereinfachen und direkter gestalten. Vor allem auf globaler Ebene sind bei Geldüberweisungen oft eine Vielzahl von Korrespondenzbanken oder zentrale Zahlungsdienstleister wie SWIFT, Mastercard oder Visa involviert. Eine Reduktion dieser Mittelsmänner kann zu schnelleren und günstigeren Transaktionen führen und bringt eine gewisse Unabhängigkeit mit sich.

Können Sie uns in wenigen Worten erklären, was eine Kryptowährung ist?

Eine allgemeingültige Definition ist, dass man unter einer Kryptowährung ein rein digitales Zahlungsmittel versteht. Bitcoins & Co. existieren also nicht physisch. Zudem wird der allergrösste Teil der Kryptowährungen unabhängig von Zentralbanken in dezentralen Systemen auf Basis der Blockchain-Technologie (Distributed Ledger) betrieben. Allerdings muss man an dieser Stelle anmerken, dass auch einige Zentralbanken Digitalwährungen, wie zum Beispiel China den e-Yuan, welche oft auch als Kryptowährungen bezeichnet werden, anbieten.

Kryptowährungen können wie echtes Geld für Überweisungen oder Einkäufe verwendet werden. Der eigentliche Gegenwert der Währung bestimmt sich nur durch Angebot und Nachfrage. Das heisst, anders als bei nationalen Währungen basieren Wechselkurse nicht auf der Wirtschaftsleistung eines Landes oder anderen wirtschaftlichen Faktoren, sondern kommen durch Marktkräfte zustande. Bitcoins und andere Kryptowährungen besitzen deshalb eigentlich auch keinen eigenen oder inneren Wert. Das ist bei Aktien, Obligationen oder Immobilien anders, da deren Wert sich ja auch durch eine gewisse monetäre Gegenleistung wie zum Beispiel Einnahmen aus Dividenden, Zinsen oder Mietzins definiert. Zwar existieren auch Kryptowährungen mit ähnlichen Mechanismen, wie zum Beispiel Entschädigungen für Staking, aber mit der Mehrheit der Kryptowährungen lässt sich nur Geld verdienen, wenn man sie teurer verkauft, als man sie eingekauft hat. Ähnlich wie bei Gold, Kunst oder einer guten Flasche Wein.

Oft hört man in Diskussionen zu Kryptowährungen den Begriff «Token». Was ist darunter zu verstehen?

Unter einem Token versteht man die digitale Abbildung von Daten, Funktionen oder Vermögenswerten in einer Datenbank, die auf der Distributed-Ledger-Technologie basiert. Im Falle eines Vermögenstokens wird dabei beispielsweise das Eigentum an einem Objekt in verschiedene Anteile zerstückelt. Man kann sich das fast wie bei Aktien vorstellen, bei denen man ein Miteigentum an einem Unternehmen erwirbt. Im Gegensatz zu Aktien sind die Tokens aber viel flexibler einsetzbar. Grundsätzlich kann man alle digitalen und physischen Gegenstände tokenisieren. Man könnte damit also zum Beispiel ein eigenes Kunstwerk oder seine Weinsammlung für Mitinvestoren verfügbar machen.

Neben den Vermögenstokens gibt es auch noch die Nutzungstokens und die Zahlungstokens. Während die Zahlungstokens dem beschriebenen Konzept der Kryptowährungen entsprechen, liegt das Ziel von Nutzungstokens darin, gewisse Transaktionsprozesse zu digitalisieren, zu beschleunigen und für die Vertragsparteien unwiderruflich zu regeln zum Beispiel via Smart Contracts oder digitalen Gutscheinen.

Wozu kann man Kryptowährungen einsetzen?

Aktuell gibt es wie angesprochen mehr als 10'000 Kryptowährungen weltweit. Allen gemein ist, dass Kryptowährungen sich für Geldtransfers verwenden lassen – das heisst von einer Person zu einer anderen Person übertragen werden können. Wie einfach und bequem diese Wertübertragung stattfinden kann, ist dabei von der jeweiligen Währung abhängig. Mit ausgewählten Kryptowährungen kann man zudem auch Einkäufe tätigen, primär in Webshops und vereinzelt auch im stationären Detailhandel. Ein Beispiel dafür ist eben die Kryptowährung Bitcoin, die bei gewissen Händlern als Zahlungsmittel akzeptiert wird oder sogar von El Salvador zur staatlich anerkannten Währung ausgerufen worden ist. Neben ihrer eigentlichen Zahlungsfunktion werden Kryptowährungen wie Bitcoin noch fast häufiger als Vermögenswert betrachtet. Hier steht dann ähnlich wie bei Gold der Anlagecharakter im Vordergrund mit der Hoffnung auf eine Werterhaltung oder -steigerung.

Wie sicher sind Kryptowährungen?

Aufgrund der den meisten Kryptowährungen zugrunde liegenden Blockchain-Technologie sind etablierte Kryptowährungen technologisch gesehen ebenso sicher oder sogar fast noch sicherer als konventionelle Währungen. Dies liegt daran, dass bei Kryptowährungen die Eigentumsverhältnisse auf einer Vielzahl von dezentralen Servern dokumentiert werden, während bei konventionellen Währungen beispielsweise der Kontostand «nur» auf den Servern der Bank vorhanden ist – natürlich mit ausgeklügelten und mehrstufigen Datensicherungs- und Speichersystemen.

Aufgrund dieser Dezentralität und einer fehlenden zentralen «Ansprechperson» muss man allerdings darauf achten, dass man die «Eigentumsnachweise» seiner Kryptowährungen sicher aufbewahrt oder aufbewahren lässt. Nimmt man die Verwahrung nicht selbst vor, sondern überlässt man diese einem Drittpartner in einer «hot wallet», so besteht zudem ein gewisses Risiko, dass dieser Partner gehackt wird und die Kryptowährungen gestohlen werden. Will man die Kryptowährungen dagegen selbst aufbewahren, so ist darauf zu achten, dass man seine kryptologischen Codes keinesfalls verliert oder vergisst, da sonst das Geld unwiderruflich verloren ist. Das Eigentum an einer Kryptowährung ist nicht an einen Reisepass oder eine Identitätskarte gekoppelt, mit denen man sich als Eigentümer ausweisen kann. 

Betrachtet man Kryptowährungen primär als Anlageklasse oder Vermögenskategorie, so ist ebenso auf das Wertschwankungsrisiko hinzuweisen. Da Kryptowährungen wie angesprochen keinen klar definierbaren Wert beinhalten und sich ihr Preis nur durch Angebot und Nachfrage definiert, können sie enorme Preisschwankungen aufweisen oder sogar einmal gar «nichts» mehr wert sein. Hier gilt: Wo kein Käufer, da kein Verkäufer.

Was sind die Vorteile und Chancen von Kryptowährungen?

Neben der höheren Sicherheit durch die Dezentralität kann sicherlich die flexiblere Handelbarkeit als Vorteil genannt werden. Kryptowährungen sind nicht an bestimmte Börsenplatzhandelszeiten gebunden und können 24 Stunden und 7 Tage die Woche gehandelt werden. Zudem werden sie für gewisse Transaktionstypen in der digitalen Welt, genannt Metaverse, oft als präferiertes oder einziges Zahlungsmittel eingesetzt. 

Fokussiert man sich auf den Zahlungsverkehr, dann können Überweisungen in Kryptowährungen vor allem in exotischen Ländern einiges schneller im Ziel ankommen. Während Banküberweisungen nach Indien oder Brasilien je nach Korrespondenzbankennetzwerk zwischen zwei bis drei Arbeitstagen benötigen, ist hier ein Eigentumstransfer bei Kryptowährungen innert ein paar Minuten möglich. Zum Beispiel beim Bitcoin zwischen wenigen Sekunden und bis zu 90 Minuten, wobei 10 Minuten der Durchschnitt ist. Das eröffnet also für den Anwendungsfall «globaler Geldtransfer» ganz neue Möglichkeiten. Beim Wareneinkauf in Webshops sehe ich dagegen wenig Verbesserungspotenzial. Dort wird ja zum Beispiel ein Kauf mit einer Debit- oder Visakarte in Sekundenbruchteilen bestätigt und abgewickelt. Die Bezahlung mit Bitcoins & Co. ist in diesem Fall nicht schneller.

Und wo lauern die Risiken und Nachteile?

Wie schon angesprochen liegt das grösste Problem bei Kryptowährungen darin, ihre effektive Werthaltigkeit beurteilen zu können. Liegt zum Beispiel der Wert nur darin, dass die Währung ein knappes Gut darstellt und man sich unbedingt ein Stück davon sichern will? Oder hat die Währung ein bestimmtes Alleinstellungsmerkmal und kann auch ein wirtschaftliches Problem lösen? Je nachdem ob Ersteres oder Letzteres zutrifft, wird die Kryptowährung einen längerfristig stabileren Wert aufweisen oder nur von den Launen und Interessen der Investoren getrieben sein. Diese Launen und Interessen können zudem oft starke Preisschwankungen auslösen. 

Aber auch grössere Kryptowährungen sind anfällig auf Kursbeeinflussungen, wie man beim Meinungsmacher Elon Musk bei Bitcoin mitverfolgen konnte. Neben dem Risiko der starken Kursschwankungen muss man wie bereits angesprochen auch darauf achten, wo und wie man Kryptowährungen wie Bitcoins aufbewahren lässt. Tut man dies digital, dann vorzugsweise analog zu anderen Vermögenswerten bei einem sicheren Partner. Will man seine Kryptoschlüssel lieber auf Papier oder einer Speicherkarte digital entkoppelt aufbewahren, so bietet sich ein Safe oder Schrankfach an. In beiden Szenarien kommt einem hier eigentlich die Hausbank in den Sinn, der man ja heute schon seine Wertsachen als Depotwerte oder im Bankschliessfach zur sicheren Verwahrung anvertraut.

Wie steht die TKB generell zu Kryptowährungen als Anlagevehikel?

Kryptowährungen sind nicht direkt an ein Land oder eine Volkswirtschaft gekoppelt, sondern in dem Sinne globale Produkte. Deshalb weisen sie auch eine gewisse Unabhängigkeit von anderen Vermögenswerten wie Aktien, Obligationen, traditionellen Währungen oder Immobilien auf. Durch diese Unabhängigkeit kann immer auch eine gewisse Diversifikation geschaffen werden. Oder anders gesagt besteht vielerorts die Hoffnung, dass die Unerklärbarkeit oder Unberechenbarkeit von Kryptowährungen dazu führt, dass diese sich nicht im Gleichschritt zu anderen Anlagen bewegen. Diese Erwartung hat sich in den letzten Monaten nicht wirklich erfüllt, konnte aber auch nicht komplett widerlegt werden. In jedem Fall sollten Bitcoins oder andere Kryptowährungen, ähnlich wie Gold oder andere alternative Anlagen, nur einen kleinen Teil des eigenen Portfolios ausmachen.

Was raten Sie jemandem, der sich überlegt, in Kryptoanlagen zu investieren?

Falls man die Welt von Bitcoin & Co. einmal selbst erleben möchte, dann würde ich empfehlen, dies nur mit demjenigen Teil der Ersparnisse zu tun, den man auch entbehren könnte. Man muss sich dabei bewusst sein, dass Anlagen in Kryptowährungen hochgradig spekulativ sind. Aufgrund der hohen Kursschwankungen kann der Handel mit Kryptowährungen in Extremfällen fast schon zu Kasinoerlebnissen führen. Damit meine ich, dass eine Preisverdoppelung oder ein Totalverlust nahe beisammenliegen und nicht rational erklärt werden können. Will und kann man dieses Risiko aber in Kauf nehmen, so sollte man unbedingt mit kleinen Beträgen anfangen und so langsam Erfahrungen sammeln. Zudem würde ich empfehlen, nur Kryptowährungen zu kaufen, deren Funktionsweise man nachvollziehen kann, oder sich auf die bereits schon sehr etablierten Währungen zu fokussieren. Die beiden bekanntesten Kryptowährungen Bitcoin und auch Ethereum machen beispielsweise zusammen immer noch fast 60% des Gesamtwertes aller Kryptowährungen aus. Durch diese Grösse ist eine Handelbarkeit praktisch jederzeit gegeben.

 Aktuelle Kursinformationen zum Bitcoin

Hat die TKB ein Angebot für interessierte Anlegerinnen und Anleger?

Derzeit noch nicht. Wir verfolgen den Kryptowährungsmarkt intensiv und prüfen die Einführung eines Krypto-Angebotes. Nicht zuletzt auch deshalb, weil wir als Schweizer Bank mit Staatsgarantie, als sichere Partnerin für den Handel und die Aufbewahrung von Kryptowährungen für unsere Kundinnen und Kunden wirklich Mehrwert schaffen könnten.